III. Heinrich von Kleists „Die Hermannsschlacht“
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Historische Kontextualisierung 1800-1900
I. Friedrich Schillers „Maria Stuart“
II. Johann Wolfgang Goethes „Faust I/II“
III. Heinrich von Kleists „Die Hermannsschlacht“
IV. Christian Dietrich Grabbes „Napoleon oder Die hundert Tage“
VI. Johann Nestroys „Freiheit in Krähwinkel“
VII. Friedrich Hebbels „Maria Magdalena“
VIII. Gerhart Hauptmanns „Der Biberpelz“
IX. Arthur Schnitzlers „Reigen“
Das Gesamtkunstwerk im 19. Jahrhundert
Drama 1800-1900: Kursübergreifende große Schreibaufgaben
Mit der Überlieferung von der historischen Varusschlacht 9 v. Chr. ist ein germanischer Gründungsmythos verbunden. Über 700 Orte wurden als Kampfplatz in Betracht gezogen, bis nun seit den 1990er Jahren feststeht, dass die Schlacht im Teutoburger Wald zwischen dem Wiehengebirge und dem norddeutschen Moor bei Kalkriese stattgefunden hat. Auf dieses gesicherte Wissen konnte sich Heinrich von Kleist bei seiner Bearbeitung des vom römischen Geschichtsschreiber Publius Cornelius Tacitus in seinen „Annales“ und anderen antiken Quellen überlieferten Stoffs noch nicht beziehen. Allerdings geht seinem Stück eine reiche künstlerische Stofftradition seit der Reformation voraus, in der die Geschichte um die Varusschlacht verschiedentliche Aktualisierungen erfahren hat: Allein im Jahrhundert vor der Entstehung von Kleists Stück haben sich zahlreiche namhafte Autoren – wie z.B. Johann E. Schlegel, Justus Möser oder Friedrich Gottlieb Klopstock – mit unterschiedlicher Treue zu den historischen Quellen des Themas bemächtigt. Kleists vielgestaltiges und inszenatorisch ohne umfassende Kürzungen kaum zu greifendes Drama wird von der Forschung als seine Wende zum politisch engagierten Autor gelesen (vgl. Grathoff 1999). Und in der Tat war das Stück 1808 für den aktuellen politischen Moment konzipiert. Kleist selbst schreibt, es sei „mehr, als irgend ein anderes, für den Augenblick berechnet“ (Brief an Heinrich Joseph von Collin vom 22. Februar 1809). Es ist in diesem Sinne bisweilen als Geschichtsdrama gelesen worden. Der Historiker Friedrich Christoph Dahlmann bemerkt so 1840 über Kleist in einem Brief an Georg Gottfried Gervinus, der zu diesem Zeitpunkt an seiner „Geschichte der deutschen Literatur“ arbeitete: „Einen glühenderen Freund des deutschen Vaterlandes hat es nie gegeben als ihn […]. Für sein bestes Werk halt ich die am wenigsten besprochene Hermannsschlacht. Es hat zugleich historischen Werth; treffender kann der hündische Rheinbundsgeist, wie er damals herrschte […], gar nicht geschildert werden.“ (Brief vom 16. Oktober 1840) Kleists Stück wäre folglich im Kontext der Befreiungsbewegung gegen die Napoleonische Besetzung Preußens zu betrachten. Und in der Tat versuchte Kleist immer wieder, meist erfolglos, engere Kontakte zu einem Kreis von hochrangigen Mitgliedern der preußischen Gesellschaft um den Freiherrn Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein zu knüpfen, die an Widerstandsplänen gegen Napoleon arbeiteten.
Einer solchen kontextgebundenen Lesart steht die Ansicht entgegen, Kleist habe mit der „Hermannsschlacht“ menschheitsgeschichtliche Probleme um Krieg, Allmachts- und Zerstörungsphantasien auf kritische Weise verarbeitet. An Kleists Drama stellen sich bis heute vor allem Fragen der Funktionalisierung von Geschichte im literarischen Werk (vgl. Hinck 1981) ebenso wie Fragen zur inszenatorischen Aktualisierbarkeit bzw. Aktualisierungsnotwendigkeit, wie sie exemplarisch in dem Streitgespräch zwischen dem Literaturwissenschaftler Hans Joachim Kreutzer und dem Theaterregisseur Claus Peymann zu dessen gestellt wurden (vgl. „Kleist-Jahrbuch“ von 1984).
Als Textgrundlage dient „Die Hermannsschlacht“ aus Heinrich von Kleists „Sämtliche Werke und Briefe“ herausgegeben von Helmut Sembdner im Deutschen Taschenbuchverlag. In der 2013 in dritter Auflage erschienenen zweibändigen Ausgabe in einem Band ist „Die Hermannsschlacht“ auf den Seiten 533-628 abgedruckt.
Matthias Buschmeier und Tanja A. Kunz
Mythos Arminius – Hermann
Lesen Sie folgenden kurzen Text zum „Mythos Hermann“ auf den Seiten des Museums „Varusschlacht“.
Lesen Sie anschließend den 1. Auftritt des 1. Aktes von Kleists „Die Hermannsschlacht“.
Vergegenwärtigen Sie sich die geographische Verteilung der Stämme auf folgender Karte. Bedenken Sie, dass die Schreibweisen der Stämme nicht identisch mit der bei Kleist sein müssen.
Die untenstehende interaktive Karte kann Ihnen helfen, die Schilderungen Kleists mit historischen Forschungserkenntnissen zu vergleichen, um sein historisches Narrativ aus einer Metaebene zu betrachten.
Bitte beachten Sie, dass auf dieser interaktiven Karte die Stämme aus Kleists Stück mit dem historischen Erkenntnisstand des Jahres 2021 zu diesen Stammesgruppen abgeglichen wurden. Der Vergleich soll die Aussagen Kleists nicht belegen, sondern einen Eindruck davon vermitteln, wie sich sein „Germanenbild“ konstituiert haben könnte.
Lesen Sie nun den 1. Akt.
‚Die Germanen‘
Rekonstruieren Sie aus dem 1. Auftritt des 1. Aktes die politische Lage unter den germanischen Stämmen, mit der das Stück beginnt. Setzen Sie auch das Verhältnis zwischen Cheruskern und Sueben in Beziehung, wie es später im Stück beschrieben wird.
Im expositorischen ersten Akt werden zwei Handlungsstränge von Kleist angelegt. Identifizieren Sie diese:
Verknüpfung der Handlungsstränge
Überlegen Sie, ob und wenn ja, wann sich die Handlungsstränge berühren. Welche Konsequenzen hat dies für die Handlung insgesamt?
Verlauf der Handlungsstränge
Beschreiben Sie für jeden Handlungsstrang einzeln den Verlauf der Handlung. Versuchen Sie den Verlauf der beiden Stränge zu visualisieren.
Helfen können Ihnen Tools wie die H5P-Timeline oder cliovis. Fotos Ihrer handgezeichneten Handlungsverläufe sind ebenfalls möglich.
Gustav Freytags klassisches Dramenmodell
Diskutieren Sie in der Gruppe, ob oder inwiefern sich das Drama mithilfe der berühmten Pyramidenform, die Gustav Freytag in seinem Buch „Die Technik des Dramas“ von 1863 entwickelte, beschreiben lässt? Sie können dafür auf das Digitalisat der Erstausgabe der Bayrischen Staatsbibliothek zurückgreifen. Lesen Sie dafür die ersten beiden Abschnitte des 2. Kapitels (S. 91-120).
Hermann, Varus und die Römer: Strategische Einschätzung
- Wie schätzt Hermann gegenüber den anderen Fürsten in I/3 seine militärisch-strategische Lage ein? Was resultiert aus dieser Einschätzung? Welchen Plan entwickelt Hermann?
- Welche Besatzungsstrategie der Römer ist zu erkennen?
Thusnelda und Ventidius
Legen Sie nun Ihren Fokus auf das Verhältnis von Thusnelda und Ventidius. Ist das Verhalten von beiden rein strategisch? Was spricht dafür, was dagegen? Welche Rolle spielt Hermann dabei? Wie wird Thusnelda von Kleist gezeichnet? Könnte man die These vertreten, Thusnelda sei die eigentliche Protagonistin des Stückes? Diskutieren Sie!
Germaniens Einheit
Erörtern Sie in einem kleinen schriftlichen Beitrag, inwiefern die Schlussszene des Dramas eine historische „Spiegelszene“ für die Gegenwart Kleists 1808 sein könnte (max. 1 Seite).