VI. Johann Nestroys „Freiheit in Krähwinkel“
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Historische Kontextualisierung 1800-1900
I. Friedrich Schillers „Maria Stuart“
II. Johann Wolfgang Goethes „Faust I/II“
III. Heinrich von Kleists „Die Hermannsschlacht“
IV. Christian Dietrich Grabbes „Napoleon oder Die hundert Tage“
VI. Johann Nestroys „Freiheit in Krähwinkel“
VII. Friedrich Hebbels „Maria Magdalena“
VIII. Gerhart Hauptmanns „Der Biberpelz“
IX. Arthur Schnitzlers „Reigen“
Das Gesamtkunstwerk im 19. Jahrhundert
Drama 1800-1900: Kursübergreifende große Schreibaufgaben
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„Ja, er [Nestroy] hat den politischen Beruf ergriffen – wie ein Wächter den Taschendieb. Und nicht die Lächerlichkeiten innerhalb der Politik lockten seine Aufmerksamkeit, sondern die Lächerlichkeit der Politik. Er war Denker, und konnte darum weder liberal noch antiliberal denken.“ (Kraus 1912, S. 17) Mit diesen Worten beschrieb Karl Kraus in seinem Essay „Nestroy und die Nachwelt“ (1912), den er zu dessen 50. Todestag verfasste, die Haltung, Denk- und Arbeitsweise des einflussreichen österreichischen Dramatikers. Auch Nestroys Posse „Freiheit in Krähwinkel“ lässt sich als politische Intervention lesen, insofern sie eine Stellungnahme zur prekären Lage in Wien nach der Revolution darstellt (vgl. Eke 2015, S. 141), ohne jedoch auf eine eindeutige Position festgelegt werden zu können, wie es Kraus andeutet. Der Literaturwissenschaftler Wolfgang Rothe bindet den spannungsreichen Konflikt an Nestroys Konzeption des Stückes, in welchem er das Publikum einnehmen, aber auch gleichzeitig den Revolutionären den Spiegel vorhalten wollte (vgl. Rothe 1989, S. 67-70). Mit seinem Sprachwitz erzeugt er widersprüchliche Situationen, ohne einen moralischen Standpunkt einzunehmen.
Neben dem Theater an der Wien und dem Theater in der Josefstadt war das Carltheater für die Entwicklung der Wiener Theaterlandschaft von großer Bedeutung. Hier wurde „Freiheit in Krähwinkel“ im Sommer 1848 uraufgeführt. Das kurzzeitige „zensurfreie Interregnum des Volkes“ (Dittmar 1974, S. 3683) ermöglichte es, dass das Stück zwischen Juli und Oktober des gleichen Jahres 36mal aufgeführt werden konnte, wobei Nestroy häufig eine Selbstzensur seiner Stücke vornahm, um keine rechtlichen Folgen fürchten zu müssen. Denn das in den Karlsbader Beschlüssen (1819) entworfene Bundes-Preßgesetz schränkte die Meinungsfreiheit massiv ein. Verbunden werden jene Beschlüsse mit dem Namen des österreichischen Staatskanzlers Metternich, der in der Posse „Freiheit in Krähwinkel“ selbst verspottet wird.
Begriffliche Klärungen
Während der Lektüre
Der Aufsatz von Pütz gibt schon eine bestimmte Lesart vor, aber Sie müssen sich vergegenwärtigen, dass es sich um einen Text aus den 1970er Jahren handelt. Nicht alle Aspekte werden beleuchtet. Daher stellen Sie sich bei der Lektüre auch folgende Fragen:
- Welche Aspekte der Revolution kommen im Stück zur Sprache?
- Welche Funktion könnten einzelne Figuren für die Darstellung der Revolution haben?
- Wie stellt das Drama die Problematik der Zensur dar?
- Welche Ideen haben die Bürger Krähwinkels von der Revolution? Was interessiert sie daran?
- Welches Bild vermittelt das Drama von den Krähwinklern? Wie wirken sich dieser Spielort und die damit einhergehenden Figuren auf die Darstellung der Revolution aus?
- Freiheit ist als große revolutionäre Idee bereits im Titel aufgeführt. Welche Ideen von Freiheit werden von den unterschiedlichen Figuren verkörpert?
Komik
Welche Rolle spielt die Komik für das Stück? Was passiert, wenn der ernste und tragische Stoff der Revolution durch die kritisch-komische Form visualisiert wird? Lässt sich fassen, worin die Komik im Stück besteht? Achten Sie auf möglichst alle Aspekte des Dramas: Handlung, Charaktere, Sprache, Namen der Figuren, Ort/Zeit.
Historisches in Possenform
Anders als in den vorangegangenen Dramen dieses Kurses wird der historische Stoff in Form der Posse wiedergegeben. Durch dieses satirisch-komödiantische Genre wird der Umgang mit dem Thema Revolution und Geschichte signifikant anders dargestellt, als es in Geschichtsdramen der Fall war.
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Satire
Hier sehen Sie ein Aquarell von Johann Christian Schoeller aus dem Jahr der Erstaufführung 1848, das den Zeitungsredakteur Ultra verkleidet als Fürst Metternich, den Bürgermeister und Klaus zeigt (Boyle 2009, S. 229).
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Die Posse kann auch als Satire gelesen werden. Überlegen Sie, was ausgehend vom Bild im Text als Ziel des satirischen Angriffs in der Figur Ultra sichtbar wird. Beschreiben Sie, wodurch der Effekt des Satirischen entsteht. Halten Sie Ihre Beobachtungen in einem kurzen Text fest (ca. 500 Wörter).
Wiener Volkstheater
Die Posse „Freiheit in Krähwinkel“ ist als ein Stück des Wiener Volkstheaters mit Gesangseinlagen und musikalischen Einlagen versehen. Die Krähwinkler sprechen Wienerisch. Welche Funktion könnten diese Gestaltungselemente für den konkreten historischen Aufführungskontext haben?